Mobbing am Arbeitsplatz: Was wir dagegen tun können

Mobbing stellt mehr als ein isoliertes Problem dar; es ist eine systemische Gefahr, die sowohl die psychische Gesundheit der Betroffenen als auch die Produktivität im Arbeitsumfeld ernsthaft beeinträchtigt. Der erste Schritt zur Lösung liegt in der klaren Zuweisung der Verantwortung an die Täter und Täterinnen.

Das Bild stellt einen Mann dar, in dessen Hintergrund offensichtlich Leute über ihn tuscheln.

Heinz Leymann, ein schwedischer Psychologe und Pionier im Bereich der Mobbing-Forschung, definiert Mobbing als eine fortgesetzte, feindselige und „ethisch desorientierte Kommunikation“. Dies bezieht sich auf wiederholte negative Handlungen, oft durch Vorgesetzte oder Kolleginnen und Kollegen, gegen eine Person, die sich aufgrund des Machtgefälles im Arbeitsumfeld nicht ausreichend wehren kann. Von Mobbing im engeren Sinne spricht man dann, wenn dies häufiger, länger und systematisch geschieht. 

Das Gesundheitswesen ist ein personalintensiver Sektor, in dem der Kontakt zu Menschen, auch Patienten, besonders intensiv ist. Die Konsequenzen von Mobbing sind für die Betroffenen vielfältig. Sie reichen von psychischen Belastungen wie Stress und Burnout bei den Betroffenen bis hin zu finanziellen Einbußen für den Arbeitgeber durch erhöhte Fehlzeiten und Fluktuation. 

Dieser Blogpost bietet Informationen zu Mobbing am Arbeitsplatz, speziell im Kontext des Gesundheitswesens. Er analysiert Ursachen und Auswirkungen und präsentiert Handlungsempfehlungen im Rahmen der geltenden Rechtslage.

Statistische Daten über Mobbing am Arbeitsplatz

Studien zeigen, dass rund 30 Prozent der Deutschen selbst schon einmal Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz waren. 17 Prozent haben Mobbing in der Belegschaft oder durch Vorgesetzte miterlebt, und vier Prozent gaben zu, selbst schon einmal gemobbt zu haben. 

In rund 75 Prozent der Fälle waren Arbeitskollegen oder -kolleginnen die Mobbing-Täter. 54 Prozent der Befragten nannten Vorgesetzte als Täter, während nur neun Prozent Untergebene als die Quelle von Mobbing identifizierten.

Ursachen von Mobbing am Arbeitsplatz

Mobbing hat viele Ursachen. Dazu können Unternehmenspolitik, soziale Beziehungen und Stress gehören. Jeder Mobbing-Fall ist einzigartig und muss auch individuell betrachtet werden.

Organisationsstruktur

Autoritäre Strukturen und strenge Hierarchien, insbesondere wenn diese von Personen autoritär ausgelebt werden, schaffen eine Umgebung, die Mobbing begünstigt. Diese Form der Organisationskultur ist oft auch schuld an einer höheren Fluktuation und geringeren Arbeitszufriedenheit.

Arbeitskultur

Ein Mangel an offener Kommunikation und Feedback, sowie eine Kultur, die Konkurrenz über Zusammenarbeit stellt, fördert Mobbing. Zusätzlicher Stress und Personalmangel können diese Tendenzen noch verstärken. Es ist nachgewiesen, dass in sehr stressigen und fordernden Arbeitssituationen überzogene Reaktionen und die Anfänge von Mobbing eher toleriert und bagatellisiert werden.

Individuelle Faktoren

Eigenschaften der Täter und Täterinnen, wie Neid, Eifersucht und Angst, sind ein Antrieb für Mobbing. Opfer werden oft aufgrund von wahrgenommenen Schwächen oder Unterschieden ausgewählt. 

Falsch verstandene Gruppendynamik und fehlender Mut

Ein Gruppenklima, das Mobbing toleriert oder sogar fördert, sowie die Unwilligkeit von Kollegen und Kolleginnen dagegen einzuschreiten, schafft ein allgemein günstiges Klima für Mobbing.

Beispiele für Mobbing am Arbeitsplatz 

Mobbing ist nicht universell, sondern vielfältig und individuell. Zum Verständnis von Mobbing einige Beispiele: 

  • Ständig abwertende Kommentare oder Witze auf Kosten eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin, gefördert und begleitet von Gerüchten und Klatsch über diese Person.
  • Ausschluss eines Mitarbeiters aus dem Informationsfluss oder sozialen Aktivitäten, wie beispielsweise gemeinsamen Mittagspausen.
  • Beleidigungen und Beschimpfungen gegenüber Kollegen/Kolleginnen oder Untergebenen.
  • Zuweisung sinnloser oder entwürdigender Aufgaben durch Vorgesetzte oder Kollegen, oft kombiniert mit einer Überreaktion auf kleine Fehler.
  • Einschüchterung oder körperliche Übergriffe, einschließlich sexueller Belästigung.
  • Absichtliche Beschädigung des Eigentums von Mitarbeitern oder Verweigerung des Zugangs zu benötigten Arbeitsmaterialien, was die Ausführung deren Arbeit behindert.

Mobbing im Zeitalter der Sozialen Medien: Eine Neue Dimension der Gefahr

Soziale Medien haben die Dynamik und das Ausmaß von Mobbing am Arbeitsplatz grundlegend verändert. Die digitale Dynamik und Schnelligkeit verstärkt die unterschiedlichen Ursachen und Formen von Mobbing. Das Bewusstsein für die zusätzlichen Risiken und Herausforderungen durch soziale Medien im Kontext von Mobbing am Arbeitsplatz ist immer noch eher schwach ausgeprägt. 

Schnelligkeit

Durch soziale Medien können beleidigende oder demütigende Informationen sehr schnell verbreitet werden, was das Ausmaß und die Geschwindigkeit von Mobbing erhöht.

Anonymität

Die Möglichkeit der Anonymität in sozialen Medien senkt die Hemmschwelle für Mobbinghandlungen und kann die Häufigkeit und Schwere der Fälle erhöhen.

Hinterlist

Soziale Medien bieten neue Möglichkeiten für Täuschung und Manipulation, wie etwa die Erstellung gefälschter Profile oder die unautorisierte Veröffentlichung privater Informationen.

Reichweite

Soziale Medien erweitern die Reichweite von Mobbing, indem sie die Grenzen des Arbeitsplatzes überschreiten und ein größeres Publikum erreichen.

Permanenz

Einmal im Internet veröffentlichte beleidigende Inhalte sind oft schwer zu entfernen und können nachhaltige und dauerhafte Schäden verursachen.

Rechtliche Rahmenbedingungen für Mobbing am Arbeitsplatz

In Deutschland kann Mobbing nach verschiedenen gesetzlichen Regelungen geahndet werden, darunter das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und das Arbeitsschutzgesetz. Der Arbeitgeber hat gemäß dem Arbeitsschutzgesetz eine Fürsorgepflicht und muss somit für ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld sorgen.

Konsequenzen für Täter und Täterinnen können arbeitsrechtliche Maßnahmen wie Abmahnung, Versetzung oder Kündigung sein. In schweren Fällen können auch strafrechtliche Konsequenzen, etwa durch Anzeige, folgen. Arbeitgeber können zivilrechtlich haftbar gemacht werden, falls sie ihrer Fürsorgepflicht nicht nachgekommen sind.

Um Mobbing rechtlich zu belangen, ist eine ausführliche Dokumentation der Vorfälle erforderlich. Das kann zum Beispiel durch schriftliche Aufzeichnungen, E-Mails oder Zeugenaussagen erfolgen.

Ein wesentliches Problem im Kontext der rechtlichen Rahmenbedingungen ist die Notwendigkeit, Mobbing nachzuweisen. Diese Anforderung stellt oft eine Hürde dar, die eine straf- oder zivilrechtliche Verfolgung der Täter erschwert. Darüber hinaus liegt die Nachweispflicht in der Regel bei den Betroffenen, was zusätzlichen Stress und Risiken mit sich bringt. Ein unvollständiger oder lückenhafter Nachweis kann die weitere Verfolgung des Falls verhindern und für die betroffene Person zusätzlich das Risiko der Blamage bedeuten.

Handlungsoptionen und Anlaufstellen bei Mobbing am Arbeitsplatz

Was können Betroffene tun, um sich gegen Mobbing zu schützen und zu wehren? Hier ist die schriftliche Dokumentation jedes Vorfalls von besonderer Bedeutung. Zudem ist die Einbeziehung von Kollegen und Kolleginnen, die als Zeugen fungieren können, wichtig.

Interne Anlaufstellen

Dazu gehören der Betriebsrat, die Personalabteilung und mögliche betriebliche Sozialberatungen. Diese Stellen können vertrauliche Gespräche ermöglichen und Lösungswege aufzeigen.

Externe Beratungsstellen

Dazu zählen Anti-Mobbing-Vereine, Anwälte für Arbeitsrecht sowie psychosoziale Beratungsstellen. Diese bieten anonyme und professionelle Unterstützung.

Rechtliche Schritte

Dies beinhaltet sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Schritte. Hier kann auch auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Rechtsberatung hingewiesen werden.

Psychologische Unterstützung

Therapeutische Hilfe und Coaching können zur emotionalen Stabilisierung beitragen und Strategien im Umgang mit Mobbing vermitteln.

Aufklärung

Die Bedeutung von Präventionsmaßnahmen und die Sensibilisierung im Arbeitsumfeld ist entscheidend. Hierzu gehören Schulungen, Workshops und die Schaffung einer Unternehmenskultur, die Mobbing keinen Nährboden bietet.

Direkte Konfrontation: Chancen und Risiken

Die direkte Konfrontation wirkt oft wie eine schnelle Lösung, bringt jedoch das Risiko einer Eskalation mit sich und kann dazu führen, dass Betroffene sich noch stärker isoliert fühlen.

Chancen

  • Klare Kommunikation: Die direkte Auseinandersetzung ermöglicht es, das Problem unmissverständlich zu adressieren und dem Täter oder der Täterin zu verdeutlichen, dass das Verhalten nicht toleriert wird.
  • Sofortiges Handeln: Eine direkte Konfrontation kann rasche Veränderungen bewirken, vor allem wenn sie frühzeitig erfolgt.
  • Selbstbehauptung: Die Fähigkeit, sich zu wehren und seine oder ihre Anliegen direkt zu kommunizieren, kann das Selbstbewusstsein der betroffenen Person stärken.

Risiken

  • Eskalation der Situation: Die Konfrontation könnte das Mobbing-Verhalten intensivieren, wenn der Täter oder die Täterin sich angegriffen fühlt.
  • Berufliche Konsequenzen: Es besteht die Gefahr, dass die Konfrontation negative Auswirkungen auf die Karriere hat.
  • Psychologische Belastung: Die direkte Konfrontation kann emotional belastend sein und zusätzlichen Stress erzeugen.

Wenn eine direkte Konfrontation dennoch in Erwägung gezogen wird, sollte man sich vorbereiten. Hierzu gehört eine gute Dokumentation und auch das Einbeziehen von neutralen Dritten als Zeugen.

Fazit

Betroffene von Mobbing neigen oft dazu, sich selbst die Schuld zuzuweisen. Der erste Schritt aus dem Mobbing-Kreislauf besteht darin, diese falsche Selbstwahrnehmung zu korrigieren. Die Verantwortung liegt klar bei den Tätern und Täterinnen. Diese Erkenntnis ist für Betroffene zentral.

Mobbing ist weit mehr als ein Bagatellvorfall; es ist ein ernstzunehmendes Vergehen mit sowohl moralischen als auch rechtlichen Implikationen. Salbungsvolle Worte oder schnelle Lösungsansätze reichen nicht aus, um das Problem wirksam zu bekämpfen.

Arbeitgeber tragen eine besondere Verantwortung. Sie müssen Anzeichen von Mobbing frühzeitig erkennen und aktiv präventive und reaktive Maßnahmen ergreifen. Nur ein konsequentes Vorgehen kann langfristig Erfolg bringen.

In einer Arbeitsumgebung, in der Mobbing gedeiht, leidet nicht nur die Arbeitsmoral, sondern auch die Produktivität und Qualität der Arbeit. Im Gesundheitswesen hat dies besonders gravierende Auswirkungen. Eine adäquate Patientenversorgung ist unter solchen Bedingungen kaum möglich. Schließlich ist Mobbing einer der Hauptgründe für eine hohe Mitarbeiterfluktuation. 


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