Social-Media-Sucht: Symptome, Ursachen und Maßnahmen

Internetsucht, besonders bei Jugendlichen, ist ein wachsendes Problem mit ernsthaften gesundheitlichen und sozialen Folgen. Bei Jugendlichen sind vor allem die sozialen Medien eine Herausforderung. Dieser Blogpost bietet einen kompakten Überblick zur Problemstellung, zu Diagnose, Symptomen und Anlaufstellen für Hilfe.

Die Illustration zeigt 2 Hände, die gebunden und gefangen sind von den Kopfhörerkabel. Die Hände halten ein Handy.

Internetsucht und Onlineabhängigkeit sind in der modernen Gesellschaft eine drängende und wachsende Herausforderung. Eine Studie (DAK-Gesundheit und Deutsches Zentrum für Suchtfragen am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf) bestätigt die Tragweite des Problems: 2,6 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland erfüllen demnach die Kriterien für eine Abhängigkeit nach der "Social Media Disorder Scale". Die Notwendigkeit, auf dieses wachsende Problem zu reagieren wird von Experten und Behörden gleichermaßen betont.

Jungen und Mädchen zwischen zwölf und siebzehn Jahren verbringen im Durchschnitt rund zweieinhalb Stunden täglich mit sozialen Medien, was zu gesundheitlichen Problemen wie Schlafmangel, Realitätsflucht und Depressionen führen kann. Bei Mädchen liegt die Online-Zeit sogar bei 3 Stunden pro Tag.

Dieser Blogpost zielt darauf ab die Internetsucht, und hier im besonderen die Sozial-Media-Sucht, zu beleuchten. Der Beitrag bietet Informationen zu Diagnose, Symptomen und Therapieoptionen und berücksichtigt auch die sozialen Aspekte der Problematik. 

Was ist Internetsucht?

Internetsucht ist eine intensive und schädliche Nutzung des Internets, die in der Konsequenz mit anderen Abhängigkeitsstörungen vergleichbar ist. Der Begriff Mediensucht ist etwas umfassender und schließt auch andere Formen der Medienabhängigkeit wie bspw. das Fernsehen mit ein. Bei der Online-Sucht liegt der Fokus ausschließlich auf dem Internet. 

Ein zentraler Bereich der Online-Sucht ist die Abhängigkeit von Online-Computerspielen. Diese Spiele weisen durch verschiedene Faktoren wie Belohnungssysteme und soziale Netzwerke ein hohes Suchtpotential auf. Aber auch die Nutzung von virtuellen sozialen Netzwerken birgt ein vergleichbares und stark steigendes Suchtrisiko, wie Studien nahelegen.

Unterschiede zeigen sich in der Art der Internetnutzung zwischen den Geschlechtern. Bei 14- bis 24-jährigen Frauen, die das Internet nutzen, sind hauptsächlich soziale Netzwerke der Fokus, während bei Männern im gleichen Alter Online-Computerspiele dominieren. Obwohl beide Geschlechter nahezu gleich häufig von internetbezogenen Störungen betroffen sind, nehmen mehr Männer die vorhandenen Beratungs- und Behandlungsangebote in Anspruch.

Folgen von Social-Media-Abhängigkeit

Die Abhängigkeit von sozialen Medien entwickelt sich oft schleichend. Anfangs dient die Nutzung sozialer Medien oft der Unterhaltung oder dem sozialen Austausch. Mit der Zeit entwickelt sich jedoch eine zunehmende Notwendigkeit, sich immer wieder einzuloggen und den Newsfeed zu überprüfen. Das Gefühl, ständig erreichbar sein zu müssen oder nichts verpassen zu wollen, verstärkt die Bindung an die Plattformen. Das Ausbleiben der Nutzung kann Unruhe oder sogar Entzugserscheinungen hervorrufen.

Online-Sucht birgt verschiedene Risiken und Gefahren, die sowohl physischer als auch psychischer Natur sein können. 

Zu den primären medizinischen Risiken gehören

  • Neurochemische Veränderungen: Ähnlich wie bei Substanzabhängigkeiten können Veränderungen im Dopaminhaushalt auftreten, die zu einer Verringerung des Belohnungsempfindens in anderen Lebensbereichen führen.
  • Entzugserscheinungen: Das Ausbleiben der Internetnutzung kann Symptome wie Unruhe, Irritabilität und Angst hervorrufen.
  • Schlafstörungen: Die übermäßige Nutzung, besonders vor dem Schlafengehen, kann den zirkadianen Rhythmus stören und zu Schlafproblemen führen.
  • Psychische Komorbiditäten: Häufig treten begleitend psychische Störungen wie Depressionen, Angststörungen oder ADHS auf.
  • Physische Gesundheitsprobleme: Vernachlässigung der körperlichen Gesundheit durch reduzierte Bewegung und unausgewogene Ernährung kann zu Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und anderen physischen Problemen führen.

Soziale Folgen der Abhängigkeit

  • Soziale Isolation: Die Online-Welt kann so fesselnd sein, dass Betroffene reale soziale Kontakte vernachlässigen, was wiederum die Symptomatik verstärken kann.
  • Berufliche und schulische Beeinträchtigungen: Die Leistung in Schule oder Beruf kann durch die Sucht beeinträchtigt werden, was weitere soziale und finanzielle Probleme nach sich ziehen kann.
  • Finanzielle Probleme: In einigen Fällen kann die Sucht auch zu erheblichen finanziellen Problemen führen, insbesondere wenn für Online-Dienste bezahlt werden muss.

Onlinesucht: Symptome

Die Diagnose von Online-Sucht ist komplex, da es ein relativ neues Phänomen ist und standardisierte Diagnosewerkzeuge noch in der Entwicklung sind. Online-Sucht zeigt sich vor allem in zunehmender sozialer Isolation, unklaren Ausreden für die exzessive Internetnutzung und Unruhe in realen Gesprächen. Auch ein Gefühl der Überlegenheit gegenüber dem realen Umfeld kann sich entwickeln. 

Erste Warnzeichen der Social-Media-Sucht

  • Schwierigkeiten ohne Social Media: Betroffene haben Probleme damit, einige Tage ohne die Nutzung von Social Media zu verbringen.
  • Vernachlässigung von Pflichten: Wichtige Aufgaben, etwa am Arbeitsplatz, werden durch die Nutzung von Social Media vernachlässigt.
  • Priorisierung Virtueller Kontakte: Die virtuelle Interaktion wird oft als wichtiger angesehen als der reale Kontakt.
  • Gedankliche Abwesenheit: Man denkt ständig an die Apps, auch wenn man sie gerade nicht nutzen kann.
  • Stimmungsschwankungen: Die Stimmung ändert sich, wenn bestimmte Social Media Apps nicht genutzt werden können.
  • Selbstschädigendes Verhalten: Man nutzt Social Media, obwohl man weiß, dass dies zu Stress oder Zeitdruck führt.
  • Vernachlässigung von Hobbys: Weniger Interesse an anderen Aktivitäten wegen der Nutzung von Social Media.
  • Verharmlosung der Nutzung: Die tatsächliche Nutzungsdauer wird vor anderen heruntergespielt.

Soziale Medien, Suchtverhalten und Depression bei Jugendlichen

Eine DAK-Studie hebt hervor, dass Jugendliche, die eine Sucht nach sozialen Medien entwickeln, ein um den Faktor 4,6 erhöhtes Risiko für Depressionen aufweisen. Es ist noch ungeklärt, ob die Sucht eine Ursache oder eine Folge der Depression ist.

Zusätzlich zu diesem ernsten gesundheitlichen Risiko identifiziert die Studie weitere problematische soziale Konsequenzen der intensiven Nutzung sozialer Medien. Dazu gehören: 

  • die Verwendung sozialer Medien als Coping-Mechanismus, um unangenehme Gedanken zu vermeiden
  • ein Mangel an ausreichendem Schlaf, der auf die Zeit zurückzuführen ist, die für die Nutzung sozialer Medien aufgewendet wird
  • Streitigkeiten zwischen Jugendlichen und ihren Eltern über die Nutzung sozialer Medien
  • und der Mangel an Interesse an anderen Aktivitäten oder Hobbys aufgrund der Priorisierung der Nutzung sozialer Medien.

Social Media Disorder Scale

Der Social Media Disorder Scale ist ein diagnostisches Instrument, das zur Einschätzung einer möglichen Abhängigkeit von sozialen Medien verwendet wird. Der Fragebogen besteht aus 9 Fragen und Kategorien, die dazu dienen, das Ausmaß der Nutzung und die daraus resultierenden negativen Auswirkungen auf das alltägliche Leben zu bewerten. Die Fragen sind allgemein gehalten und umfassen die Lebensqualität, soziale Beziehungen und die Prioritätensetzung. 

Der Social Media Disorder Scale ist so strukturiert, dass er dynamisch auf verschiedene Zielgruppen angepasst werden kann. Dies ermöglicht eine präzisere Erfassung des Suchtverhaltens. Bei Jugendlichen könnten Fragen zu sozialem Druck von Gleichaltrigen oder den Auswirkungen auf die Schulleistung integriert werden. Bei Erwachsenen hingegen könnten Fragen zur beruflichen Leistung und zu familiären Verpflichtungen im Fokus stehen. Diese Anpassungsfähigkeit des Fragebogens erlaubt eine nuancierte Diagnose und unterstützt die Entwicklung zielgerichteter Interventionsmaßnahmen.

Selbsttest: Bin ich bereits süchtig?

Ein erster Selbsttest kann dazu dienen, Anzeichen einer möglichen Online-Abhängigkeit zu erkennen. Dabei besteht das Hauptproblem darin, dass mit fortschreitender Sucht die Antworten im Selbsttest bereits beschönigt und “positiv gefärbt” werden.

Diese Fragen können aber helfen, eine potenzielle Online-Abhängigkeit besser zu verstehen. Wenn mehrere der Punkte zutreffen, sollte professionelle Hilfe in Betracht gezogen werden.

  • Sind Gedanken an das Internet ständig präsent, auch wenn Sie nicht online sind? 
  • Reagieren Sie schnell verärgert oder genervt, wenn Sie während der Internetnutzung gestört werden?
  • Muss die Zeit, die Sie online verbringen, stetig zunehmen, um Zufriedenheit zu erlangen? 
  • Fällt es Ihnen schwer, die Menge Ihrer Internetnutzung zu kontrollieren?
  • Empfinden Sie Unruhe oder Reizbarkeit bei Versuchen, die Internetnutzung zu reduzieren oder zu vermeiden? 
  • Nutzen Sie das Internet als Mittel zur Flucht vor negativen Gefühlen oder zur Problemlösung? 
  • Täuschen Sie Familie oder Freunde über den tatsächlichen Umfang Ihrer Internetnutzung? 
  • Bringen Sie berufliche, schulische oder soziale Verpflichtungen durch Ihre Internetnutzung in Gefahr? 
  • Nutzen Sie das Internet weiterhin, trotz finanzieller Nachteile oder übermäßiger Kosten? 
  • Erleben Sie Entzugserscheinungen in Offline-Phasen? 
  • Überschreiten Sie häufig die von Ihnen geplante Online-Zeit?

Erste Maßnahmen gegen die Onlinesucht

Personen mit Anzeichen einer problematischen Social-Media-Nutzung können ganz praktische Schritte unternehmen, um das Verhalten zu ändern. Ein erster und wichtiger Schritt ist, Rückmeldungen aus dem sozialen Umfeld einzuholen und die eigene Situation zu besprechen.

Diese Maßnahmen können hilfreich sein

  • Die Funktion von Social Media im eigenen Leben sollte geklärt werden: Dient die Nutzung dem Aufrechterhalten von sozialen Kontakten oder besteht die Sorge, relevante Informationen oder Ereignisse zu verpassen? 
  • Das Deaktivieren von Benachrichtigungen kann eine erster Schritt sein, um einen gewissen Abstand zu den Plattformen zu gewinnen
  • Das Platzieren von Social-Media-Apps in Unterordnern statt auf dem Startbildschirm kann den Impuls zur ständigen Nutzung reduzieren
  • Eine Analyse des Nutzungsverhaltens und das Festlegen von Zeitlimits können durch Tools wie Google Wellbeing für Android oder die Bildschirmzeit für iPhones unterstützt werden
  • Für Kinder ist die Vermittlung von Medienkompetenz wichtig, um die Mechanismen und potenziellen Risiken sozialer Medien zu verstehen
  • In extremen Fällen kann das Deinstallieren der Apps als letzte Maßnahme sinnvoll sein

Behandlungsansätze für Online-Sucht

  • Kognitive Verhaltenstherapie: Identifikation und Änderung problematischer Denk- und Verhaltensmuster
  • Medikation: Einsatz von Medikamenten zur Kontrolle von Begleitsymptomen wie Angst oder Depression
  • Familientherapie: Einbeziehung der Familie, um die Dynamik, die zur Sucht beiträgt, zu verstehen und zu verändern
  • Selbsthilfegruppen: Austausch mit anderen Betroffenen zur Förderung der eigenen Genesung

Anlaufstellen für externe Hilfe bei Online-Sucht

Onlinesucht ist ein wachsendes Problem und kann die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen und sich negativ auf die sozialen, beruflichen und familiären Bereiche auswirken. In schweren Fällen ist externe Hilfe unerlässlich, um den Teufelskreis der Abhängigkeit zu durchbrechen. Es gibt einige Anlaufstellen, die auf die unterschiedlichen Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zugeschnitten sind.

Allgemeine Anlaufstellen

  1. Psychiatrische Kliniken: Spezialisierte Einrichtungen, die Diagnose und Behandlung anbieten.
  2. Suchtberatungsstellen: Beratung und Informationsvermittlung für Betroffene und Angehörige.
  3. Hausärzte: Erste Anlaufstelle für eine Überweisung zu Spezialisten.
  4. Online-Beratungsplattformen: Niedrigschwellige Angebote, oft anonym nutzbar.

Kinder und Jugendliche

  1. Schulpsychologische Dienste: Ansprechpartner direkt in der Bildungseinrichtung.
  2. Jugendämter: Hilfe und Unterstützung für minderjährige Betroffene und deren Familien.
  3. Online-Jugendberatung: Spezielle Webseiten und Apps, die auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen zugeschnitten sind.

Erwachsene

  1. Selbsthilfegruppen: Austausch mit anderen Betroffenen, oft geleitet von ehemals Betroffenen.
  2. Betriebsärzte: Im Berufsumfeld können sie erste Anlaufstelle sein und an Spezialisten vermitteln.
  3. Therapeuten mit Suchtschwerpunkt: Spezialisierte Fachleute für die Behandlung von Suchterkrankungen.

Fazit

Internetsucht, und hier insbesondere die Abhängigkeit von sozialen Medien, stellen ein wachsendes Problem in unserer digitalen Gesellschaft dar, wobei Jugendliche besonders gefährdet sind.

Um dieses wachsende Problem zu bewältigen

  • sind Aufklärung, 
  • Jugendschutzmaßnahmen 
  • und gegebenenfalls strenge Regeln und Maßnahmen erforderlich.

Die Auswirkungen reichen von persönlichen Entwicklungsproblemen bis hin zu Depressionen oder sozialer Isolation, die oft selbst verursacht wird. Auch bei Erwachsenen treten ähnliche Probleme auf, allerdings zeigt sich hier oft eine höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber den negativen Auswirkungen. 


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