Sexuelle Übergriffe im Pflegebereich: Zahlen, Fakten und Lösungsansätze

Unsere Analyse beleuchtet das erschreckend häufige Auftreten sexueller Übergriffe auf Pflegepersonal. Wir präsentieren die Ergebnisse einer aktuellen Studie und diskutieren mögliche Lösungsansätze

Sexuelle Übergriffe im Pflegebereich: Zahlen, Fakten und Lösungsansätze

Zahlen und Fakten

Auch wenn es keine Statistik gibt, die alle Fälle sexuell motivierter Übergriffe auf Pflegepersonal erfasst, allein wegen der hohen Dunkelziffer, so sprechen die bekannten Zahlen für sich. 
Eine Studie der Berufsgenossenschaft BGW zeigte, dass rund jeder zweite Studienteilnehmer in den 12 Monaten vor der Studie sexuelle Belästigung in körperlicher Form erlebt hatte.
Befragt wurden 901 Beschäftigte aus 60 Einrichtungen. Zu den Einrichtungen zählen unter anderem Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen oder auch Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Erfasst wurde die sexuelle Belästigung durch Patienten, Klienten oder deren Angehörige.

Die genauen Zahlen: 

  • 67,1 Prozent der Befragten gaben an, in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal mit verbaler sexueller Belästigung und Gewalt konfrontiert gewesen zu sein.
  • 62,5 Prozent berichten von mindestens einem Übergriff in non-verbaler Form.
  • 48,9 Prozent berichten von körperlicher sexueller Belästigung und Gewalt durch von ihnen gepflegte oder betreute Personen.

Begriffsklärung

Was als sexueller Übergriff gewertet wird, ist in drei Dimensionsstufen unterteilt: verbale, non-verbale und physische Gewalt. 

Verbale sexuelle Gewalt umfasst:

  • Anzügliche Witze
  • Zweideutige Bemerkungen
  • Fragen zum Privatleben und Intimsphäre
  • Distanzlose oder beleidigende Bemerkungen zu Kleidung, Aussehen und Intimsphäre
  • Aufforderungen wie „Komm doch mal her und setz dich auf meinen Schoss.“
  • Sexuell oder unangemessen formulierte Einladungen zu Verabredungen

Non-verbale sexuelle Belästigung:

  • Anzügliche Blicke und Starren
  • Pfiffe
  • E-Mails und SMS mit sexuellem Inhalt
  • Aufdringliche Kontaktaufnahme in sozialen Netzwerken
  • Aufhängen pornografischer Bilder und Verbreiten pornografischer Videos
  • Unsittliches Sich-Entblößen

Körperliche sexuelle Belästigung:

  • Tätscheln, Streicheln, Umarmen, Küssen oder Massieren
  • Scheinbar zufällige Berührungen
  • Herandrängeln
  • Körperliche Gewalt wie sexuelle Übergriffe, Greifen an Po oder Brust und Vergewaltigung

Verhalten nach einem Übergriff - Hilfe für das Opfer

Ein weiterer Punkt, der im Rahmen der Studie untersucht wurde, war inwieweit Konzepte und Unterstützungsangebote in den Einrichtungen wahrgenommen werden. Ein Drittel der Befragten gab an, diese Angebote nicht in Anspruch zu nehmen.
Gründe hierfür können, neben der Scham über das Erlebte, auch die unzureichende Aufklärung über das Vorhandensein solcher Angebote sein. 
Was also können Arbeitgeber tun, um ihre Angestellten besser zu schützen, so dass es erst gar nicht zu Übergriffen kommt, oder sie im Falle einer bereits erfolgten Tat zu unterstützen?

Wichtig ist vor allem die klare Haltung des Arbeitgebers zu dem Thema. So wird den Arbeitnehmern signalisiert, dass das Thema kein Tabu ist, sondern vom Unternehmen aktiv angegangen wird. Da die hundertprozentige Verhinderung von sexuellen Übergriffen nicht zu gewährleisten ist, ist es umso wichtiger, dass die Unternehmen Strategien haben, um mit solchen Vorfällen professionell umzugehen.

Das gibt Sicherheit und führt nachweislich dazu, dass Betroffene das Geschehen besser verarbeiten können. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, das Konzept der kollegialen Erstbetreuung im Betrieb zu etablieren. Über die BGW kann eine Förderung bei der Ausbildung qualifizierter Erstbetreuerinnen beantragt werden.  

Nie die Schuld des Opfers

Ist es zu einem sexuellen Übergriff gekommen, geht es vor allem darum, dass Opfer bei der Verarbeitung des Geschehen zu unterstützen. Der sensible Umgang mit der Thematik und den Gefühlen der Betroffenen sollte von allen Kollegen und Vorgesetzten beherrscht werden.


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